Dortmunder Zeitung
Die Eröffnung des Nordfriedhofs 1897


Dortmund, 24. November 1897

Die Einweihung des neuen Friedhofes am Burgholz hat heute Vormittag stattgefunden. Um ½ 8 Uhr versammelten sich die Teilnehmer vor der Johanneskirche und kurz vor 8 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Demselben voran Schritt Trauerweißen intonierend, die Hültnersche Kapelle; es folgte die große Zahl der Konfirmanden und Katechumenen der evangelischen Schulen des nördlichen Bezirks, die Pfarrer (unter diesen auch Herr Moog von der altkatholischen Gemeinde), die Presbyterien und Bezirksrepräsentanten der Paulus und Johannesgemeinde, den Schluss bildeten Gemeindemitglieder.

Auf dem Friedhofe war vor zwei offenen Gräbern eine sinnreiche Dekoration aus Tannengrün mit einem großen Kreuz hergerichtet. Die Herren Pastoren Jucho, Goldberg und Moog nahmen vor den Gräbern Aufstellung. Nachdem die Feier durch den gemeinsamen Gesang: „Wer weiß, wie Nahe mir mein Ende“ eingeleitet war, hielt Herr Pastor Jucho die Weiherede.

Je mehr die Stadt aus ihren alten Thoren herausgewachsen sei, je mehr Häuser jenseits des alten Burgthors errichtet worden, je mehr die Wohnungen der Lebendigen sich ausdehnten außerhalb der alten Stadt, je größer der Andrang auf den bisherigen Begräbnisplätzen geworden, desto mehr sei das Bedürfnis für die Bewohner des Nordens nach einem besonderen Friedhofe zutage getreten.

Jetzt stehe die große Versammlung nun hier, um den neuen Gottesacker zu weihen, zu einem Saatfelde für die Ewigkeit. Es sei nun heiliges Land. Heiliges Land sei das Elternhaus, heiliges Land sei die Stätte wo jeder Wirke, heiliges Land sei das Vaterland unter dessen Schutze ein jeder lebe, heiliges Land sei aber auch ein Totenhof, wo die Verstorbenen der Auferstehung entgegenschlummern.

All die unruhigen Menschenherzen, all die Mühseligen und Beladenen sollen hier ihre Ruhestätte finden. Der Reiche neben dem Armen, die Kindlein wie die Greise, ebenso auch diejenigen die in voller Schaffenskraft aus dem Diesseits herausgerissen wurden. Nebeneinander sollen ruhen diejenigen, die im Leben sich feindselig gegenüber standen, die Hochstehenden im Leben, sowie der geringste Tagelöhner.

Friedhof werde diese Stätte mit Recht genannt, die sich anlehne an den Waldesrand, an das alte Burgholz. Wo werde die Ruhestätte der Teilnehmer gegraben werden, in der ersten oder in der zweiten Reihe? Niemand wisse es, aber wo sie auch gegraben werde, da sei ein Friedhof, da herrsche Frieden, wo der milde Erdenpilger ausruhen könne.
Hier wo der Landmanns Pflug bisher seine Furchen gezogen, solle von nun an Samen für die Ewigkeit ausgestreut werden. Nachdem Herr Jucho mit einem Gebete geschlossen hatte, sprach Herr Pfarrer Goldberg das Weihgebet, worauf Herr Pfarrer Moog den Friedhof auch weihte nach den Gebräuchen der katholischen Kirche für diejenigen Mitglieder der altkatholischen Gemeinde, die auf dem selbigen ihre letzte Ruhestätte finden werden.

Die Versammlung sang dann den Choral: „Jesus, meine Zuversicht“, worauf Herr Pfarrer Jucho den Segen sprach.- Mitglieder des Magistrats und der Bestattungskommission waren bei der Feier nicht anwesend, sie hatten möglicherweise keine Kenntnis von der Feier. Eine Beerdigung fand heute nicht statt, die ersten Leichen werden Donnerstag auf dem Friedhofe beerdigt werden. Derselbe liegt ziemlich weit draußen hier. Der Zug brauchte zur Zurücklegung des Weges von der Johanneskirche aus dreiviertel Stunde. Es war aber wohl ein geeigneter Platz kaum zu finden. Die Herrichtung des Geländes für Begräbniszwecke hat große Arbeit verursacht, da erhebliche Erdbewegungen vorzunehmen waren.

Wenn die Anpflanzungen beendet und der ganze Platz, der eine Größe von 53 Morgen hat, also größer wie der Kaiserhain ist, für seinen Zweck hergerichtet sein wird, wird er eine würdige Ruhestätte bieten für die Entschlafenen. Von der Burgholzstraße aus sind gute Fahrwege hergestellt; die untere Bornstraße wird ebenfalls neu chauffiert, auch werden bequemere Trottoire angelegt, so daß von dieser Seite aus der Friedhof gut zu erreichen ist.
Zu wünschen lässt aber noch der Zustand der Burgholzstraße, durch welche die sämtlichen Leichen aus dem nordwestlichen Teile des Bezirks jenseits der Eisenbahn gefahren werden müssen. Eine baldige Ausbesserung dieser Straße ist durchaus notwendig.


Historische Bilder:


Mein Lebenswerk Nordfriedhof, von Georg Siecke:
Fotoalbum 1897-1929

Infoblatt Stadt Dortmund, Historischer Nordfriedhof:
Flyer

Foto Friedhofsinspektor G. Siecke, auf dem Gelände der Gärtnerei:
Georg Siecke

Foto Familie Siecke:
Familie Siecke

Lageplan projektierter Nordfriedhof, 1895:
Lageplan 1895

Ansicht Wohn- und Bürohaus, nach Baufertigstellung 1898:
Wohn- und Bürohaus 1898

Ansicht Wohn- und Bürohaus, nach Baufertigstellung 1898, Bildrückseite:
Wohn- und Bürohaus 1898, Bildrückseite

Entwurf Leichenhalle, Ansicht von Süden 1898:
Leichenhalle 1898

Friedhofsplan Felder 1-25, 1898:
Friedhofsplan

Ansicht Wohn- und Bürohaus, als Ölbild ca. 1910:
Ölbild Wohn- und Bürohaus

Eingangsrondell im Wandel der Zeit, seit 1900:
Rondell im Wandel

Luftbild Nordfriedhof, 1926:
Luftbild

Gutshof Grosse-Leege, Luftbild ca. 1926:
Gutshof

Luftbild Haupteingang Burgholzstraße, 1960:
Luftbild Haupteingang

Foto Trauerhalle mit ehemaligem Gasometer, 1960:
Trauerhalle

Foto Rückseite Trauerhalle 1960:
Trauerhallenrückseite

Luftbild zweite Friedhofserweiterung, 1960:
Luftbild zweite Erweiterung

Foto Grabstätte mit Zeche Minister-Stein, 1960:
Grabstätte mit Zechenhintergrund

Foto Reetgedeckter Unterstand Feld 17, 1960:
Unterstand

Entwurf Umbau Leichenhalle, Ansicht von Süden 1970:
Leichenhalle 1970